Besuch beim Kinderarzt, der dem Kind einen Spatel in den Mund steckt.

Mein Kind hat Angst vor Wasser: Was kann ich tun?

Dein Kind hat Angst vor Wasser? Damit bist du nicht alleine!

Mein Name ist Mynia – ich bin Mutter von drei Kindern und bringe ihnen selber das Schwimmen bei. Immer wieder werde ich mit dem Thema “Mein Kind hat Angst vor Wasser” konfrontiert – ob bei meinen eigenen Kindern oder Fragen, die mich aus der Community erreichen. Wichtig ist, dass du weißt:

1. Du bist damit nicht alleine

2. Du kannst einiges dafür tun, damit dein Kind trotzdem schwimmen lernt. Aber zunächst wollen wir mal ganz vorne anfangen:

1. Mein Kind hat Angst vor Wasser – was können die Ursachen sein?

Durchsucht man das Internet nach Ursachen für die Angst vorm Wasser findet man zwar viele Aussagen, aber nur wenige wissenschaftliche Daten, die diese stützen. Tatsächlich wird immer wieder behauptet, dass traumatische Erlebnisse mit Wasser oder gar erschreckende Filmszenen zu einer Angst vorm Wasser führen, Belege dafür gibt es aber nicht – im Gegenteil: Eine Studie* hat 5- bis 8-Jährige und ihre Eltern nach ihren eigenen Erfahrungen und Ängsten im Zusammenhang mit Wasser befragt. Die Autoren haben festgestellt, dass die Kinder mit Angst vor Wasser

  • überwiegend Erstgeborene sind
  • Eltern und Großeltern haben, die bereits als Kinder Angst vorm Wasser zeigten
  • und dass auch die Kinder, die etwas Negatives mit Wasser erlebt haben, schon vor diesem Ereignis Angst vorm Wasser zeigten

Es zeigte sich auch, dass vornehmlich Kinder KEINE Angst vorm Wasser haben, die

  • Zwei oder mehr Geschwister haben
  • Mit ihren Eltern immer wieder ins Wasser gehen

Folgende Faktoren hingegen schienen überhaupt keinen Einfluß auf Angst vor Wasser zu haben:

  • Geschlecht der Kinder
  • Ob sie von einem Elternteil alleine großgezogen werden

Eine weitere Studie** hat mit einer anderen Methodik (Beobachtung eines Jahrgangs über mehrere Jahre) ebenfalls gezeigt, dass traumatische oder negative Erlebnisse im Zusammenhang mit Wasser nicht zu einer vermehrten Angst führen.

Was bedeutet das nun für deinen Eltern-Alltag: Das beste was du mit deinem Kind machen kannst: Gehe mit ihm ins Wasser. Es gibt leider keine publizierten Daten dazu, ob die frühe Wassergewöhnung bspw. beim Babyschwimmen (mehr dazu auch hier dafür sorgt, dass Kinder seltener Angst vorm Wasser entwickeln. Meine persönliche Erfahrung ist allerdings, dass Kinder, die früh ans Wasser gewöhnt werden und auch erfahren, welche Kräfte auf sie im Wasser wirken (also auch mal ohne Schwimmhilfen ins Wasser dürfen), seltener Angst haben.

2. Finde heraus, warum dein Kind Angst vor Wasser hat.

Versuche im ersten Schritt herauszufinden, wovor dein Kind genau Angst hat. Das gelingt am besten im persönlichen Gespräch oder indem du dein Kind genau beobachtest. Es kann nämlich ganz unterschiedliche Gründe für seine Angst geben, aber hier findest du schon einmal eine Auswahl an häufigen Gründen, die dir bei der Ursachenforschung helfen können:

  • Angst vor tiefem Wasser
  • Schmerzen durch das Chlor oder Salz
  • Unangenehmes Gefühl des Wassers auf dem Körper, in den Haaren
  • Angst vor (imaginären) Wasserbewohnern
  • Angst vor der Umgebung oder Trubel in öffentlichen Schwimmbädern

3. Was kann ich gegen die Angst vor Wasser unternehmen

Nimm die Angst deines Kindes auf jeden Fall ernst, auch wenn sie dir unbegründet erscheint. Auch du hast sicherlich Ängste, die vielleicht nicht jeder nachvollziehen kann und kennst das Gefühl, wenn sie trotzdem von deinen Bekannten ernst genommen werden.

Und dann snackt ihr die Angst einfach weg.
Was ich damit meine? Dieser Ansatz ist an die systematische Desensibilisierung angelehnt. Bei diesem verhaltenstherapeutischen Verfahren geht es darum bestehende Ängste aufzulösen, indem man den Betroffenen langsam bzw. Schrittweise (also in Snacks) an den Angst auslösenden Reiz heranführt und so die Angst auflöst.

Je nachdem was genau die Angst auslöst musst du dir überlegen, wie du den Weg zu diesem Reiz in kleine Abschnitte (Snacks) aufteilst, die du mit deinem Kind gemeinsam absolvieren kannst. Hier mal zwei Beispiele, damit du dir das besser vorstellen kannst:

  1. Dein Kind hat Angst oder fühlt sich unwohl in einem öffentlichen vollen Schwimmbad. Dann überlege dir, welche Möglichkeiten es gibt, das Bad zunächst dann zu nutzen, wenn weniger Menschen da sind. Das geht bspw. zu den Randzeiten, oder ihr fahrt in ein weniger populäres Schwimmbad. Oder ihr nutzt Becken, die nicht so stark frequentiert sind. Am Anfang wirst du dafür vielleicht den ein oder anderen Kompromiss machen müssen. Wenn ihr das aber eine Weile gemacht habt und sich dein Kind grundsätzlich wohl im Wasser fühlt, ist es an der Zeit, es an den ursprünglichen angstauslösenden Reiz (das volle Schwimmbad) wieder heranzuführen.
  2. Hat dein Kind Angst vor tiefem Wasser bietet sich als erstes ein Wechsel des Beckens oder gar des Schwimmbades an. Vermittle dort dann deinem Kind immer wieder, dass es tolle Fortschritte macht und stärke sein Selbstbewusstsein. Oder du lässt es das tiefe Becken ganz anders erleben. Statt dass es durch das ganze Becken alleine schwimmen soll, hält es sich an deinem Rücken fest und erkundet das Becken gemeinsam mit dir.

4. Stärken stärken Kinder

Fokussiere dich bei allem immer auf die Stärken deines Kindes und auf das, was ihm Spaß macht. Dein Kind springt beispielsweise super gerne, hat aber Angst ohne deine Begleitung im Wasser zu sein? Dann überlege dir, wie du die Stärke (die Lust am Springen) für dich nutzen kannst. Bspw. kannst du dich immer ein Stückchen weiter vom Rand entfernen wenn dein Kind reinspringt, oder fängst es nicht direkt auf, sondern lässt es auf dich zu tauchen.

Versuche keinen Druck aufzubauen und Sätze zu vermeiden, die dein Kind als negative Glaubenssätze verinnerlichen kann. “Wenn du dich nicht traust, die Augen unter Wasser zu öffnen, dann lernst du nie schwimmen!” ist beispielsweise so ein Satz, der ganz schnell dazu führt, dass Kinder abschalten und gar nicht erst versuchen Fortschritte zu machen. Im Übrigen sind solche Sätze gerade im Zusammenhang mit Schwimmen auch  meistens grundsätzlich falsch: Gerade Schwimmen lernt jeder Mensch, jedes Kind auf seine ganz individuelle Art und Weise. Wichtig ist nicht das WIE. Wichtig ist, dass dein Kind Schwimmen lernt.

5. Welche Rolle spielt Geduld?

Die meisten Elternratgeber würden dir zum Abschluss noch den Tipp geben: Hab Geduld. Ich selber finde, bei einem Thema, dass so wichtig ist, wie Schwimmenlernen ist Geduld fehl am Platz. Mein Ratschlag: Sei nicht geduldig! Bleib an dem Thema dran und suche immer wieder nach neuen Zugangswegen und Ideen:

  • Wechsle das Schwimmbad oder gehe auch einmal an ein bewachtes natürliches Gewässer
  • Gewöhne dein Kind schon zuhause ans Wasser, bspw. mit einer Schüssel und Blubberübungen
  • Bitte Freunde und Familie um Hilfe. Manchmal hilft es schon, wenn eine andere Person mit deinem Kind ins Schwimmbad geht
  • Baue das Thema in euren Alltag ein. Geschichten, Gedichte und auch Filme in denen geschwommen wird, können helfen
  • Mache auch einfach mal eine Pause und wage einen Neustart. Bevor ihr euch beide zu sehr versteift, kann auch eine Pause das richtige Mittel sein um nach einigen Wochen wieder neu mit dem Thema zu starten

6. Warum sollte ich mit meinem Kind daran arbeiten, dass es die Angst vor Wasser verliert? Schwimmen lernt es doch in der Schule

Schön wär’s….schon vor Corona war es um den Schwimmunterricht in den deutschen Grundschulen schlecht bestellt. Durch die Schließung vieler Schwimmbäder in den vergangenen Jahrzehnten können auch immer weniger Schulen den im Lehrplan vorgesehenen Schwimmunterricht in der 3. Klasse anbieten. Häufig fällt er komplett flach oder findet nur über wenige Wochen hinweg statt. Gerade wenn dein Kind Angst vor Wasser hat, solltest du mit ihm zuhause oder im Schwimmbad daran arbeiten, diese Angst abzubauen. So bist du unabhängig vom Schulschwimmunterricht, der möglicherweise gar nicht stattfindet.
Dein Kind ist zwischen 2 und 6 Jahren? Dann starte noch heute mit dem Online Schwimmkurs.


Jetzt schwimmen lernen

Du möchtest noch mehr lernen zum Thema Ängste bei Kindern? Dann empfehle ich dir den gleichnamigen Blogartikel von Erzieher und Coach Daniel Duddek, in dem er weitere wertvolle Tipps gibt. 

Du selber leidest unter Angst – gerade vor tiefem Wasser? Dann kann ich dir diesen Beitrag von Andreas Humbert über Thalasso-Phobie sehr empfehlen.

Weitere Literaturangaben:

* Graham J, Gaffan E. Fear of Water in Children and Adults: Etiology and Familial Effect. Behav. Res. Ther. Vol. 35, No 2 (1997).

** Poulton R., Craske M, Silva P. Water trauma and swimming experiences up to age 9 and fear of water at age 18: A longitudinal study (1999).

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *